PostgreSQL?
Das objektrelationale Datenbankmanagementsystem (ORDMBS) PostgreSQL erfreut sich in den letzten Jahren einer stetig wachsenden Beliebtheit.
Um es gleich vorweg zu nehmen: Der aktuelle Name der Datenbank ist PostgreSQL. Wer unsicher ist, wie man das korrekt ausspricht bekommt
hier Unterstützung.
Der noch oft verwendete Name Postgres (in variierenden Aussprachen von [postgräh] bis [postgress] ), ist somit im
Grunde nicht richtig (manch einer behauptet sogar falsch). Wie viele Projekte aus dem Open Source-Bereich hat auch PostgreSQL seinen Ursprung an einer Universität. In diesem Fall
die University of California in Berkely. Die ersten Ursprünge der Datenbank finden sich dort im Zusammenhang mit der Entwicklung eines DB-Systems mit dem Namen
Ingres durch Michael Stonebreaker. Stonebreaker kehrte 1985 (nach einem kurzen "Ausflug" in die freie Wirtschaft zur Vermarktung von Ingres) an die Universität zurück und entwickelte daraus das
Post-In
gres-Projekt. 1989 wurde dann die erste eigentliche
Ur-Version von PostgeSQL unter dem Namen Postgres veröffentlicht.
Von vielen wird PostgreSQL als "das fortschrittlichste Open-Source-Datenbanksystem" bezeichnet. Die Datenbank implementiert die Speicherung nicht atomarer Daten, Vererbung und Objektidentitäten und erlaubt Benutzern, das System um selbst definierte Datentypen, Operatoren und
Funktionen zu erweitern. Darüber hinaus wird die referentielle Integrität der Daten und ein modernes Transaktionsmanagement unterstützt.
PostgreSQL stellt auch die Möglichkeit der Definition von Triggern und Regeln zur Verfügung, mit denen Zugriffe auf Datenbankobjekte gesteuert
werden. Die Datenbank unterstützt die SQL92- und SQL99-Standards und bietet eine Reihe eigener Erweiterungen an. Die Weiterentwicklung von
PostgreSQL erfolgt stabil und kontinuierlich. Aktuell ist der Release Candidate 2 der Version 8.3 verfügbar.
PostGIS?
Die für den Bereich der Geoinformatik grundlegende Erweiterung ist PostGIS. PostGIS erweitert die Datenbank um die Möglichkeit der Datenhaltung räumlicher (Vektor-) Daten. Eine Fülle von räumlichen Funktionen zur Datenabfrage und Prozessierung auf SQL-Basis stehen ebenfalls zur Verfügung.
PostGIS unterliegt ebenso wie PostgreSQL einer Open Source-Lizenz (GPL
) und ist somit frei einsetz- und anpassbar. Die Erweiterung wird seit 2001 von
Refractions Research entwickelt und stellte als erste Open Source-Lösung eine Implementierung der Datenhaltung von Geodaten auf Basis der
OGC-"Simple Features Specification for SQL" zur Verfügung.
Inzwischen ist PostGIS als "compliant" zertifiziert (Typen und Funktionen Profil). Seit März 20007 gibt es PostGIS auch in einer Version zum Einsatz unter Windows-Betriebssystemen.
Die unregelmäßigen, aber häufigen neuen PostGIS-Releases von Refractions Research zeigen, dass es sich auch bei PostGIS um ein sehr aktives Open Source-Projekt handelt. So wurden alleine 2006 7 Versionen mit etwa 60 Änderungen veröffentlicht (1.1.1 bis 1.2.0)! Bei einem Drittel der Änderungen handelt es sich um Bugfixes.
Der Rest sind tatsächliche Weiterentwicklungen, die die Dynamik in dem Projekt eindrucksvoll belegen. Dass das System auch für den Einsatz im proprietären Umfeld gedacht ist, zeigen neue Features, wie zum Beispiel die weitgehende Unterstützung von spezifischen SQL-Funktionen von der ESRI-ArcSDE SQL-Schnittstelle (ST_* and SE_*) ab der Version 1.2.0..
Refractions Research hat eine Reihe sehr interessanter Themen auf der Liste der noch zu implementierenden Features. Dazu gehört zum Beispiel die volle Unterstützung von Rasterdaten, Netzwerken und Routing, dreidimensionalen Oberflächen (surfaces), Kurven und Splines. Auch wenn dies Features sind, die es in proprietären Produkten wie zum Beispiel Oracle schon gibt (und das sehr ausgereift und performant): Die Entwicklung von PostgreSQL/PostGIS geht vermutlich rasant weiter. Die Nachfrage und die Anwendungsszenarien sind zumindest da. Wenn sich Refractions Research jetzt auch noch zu einem etwas ernsthafteren Produktlogo entschließen würde, könnte man auch schon auf den ersten Blick sehen, dass man es mit einer sehr ernst zu nehmenden Datenbank-Erweiterung für digitale räumliche Daten zu tun hat. Aber vielleicht ist das auch Teil eines schwer zu durchschauenden Marketing-Konzeptes. Wir sind der Meinung; wenn schon kindisch, dann richtig: Unser Vorschlag für ein deutsches PostGIS-Produktlogo findet sich
hier :-).
Post Scriptum
Der Gründer von Refractions Research und einer der Kernentwickler von PostGIS, Paul Ramsey, hat am 12. Februar in seinem
Weblog seinen Ausstieg aus dem Unternehmen bekannt gegeben. Der Spagat zwischen den Aufgaben eines Geschäftsführers in einem wachsenden Unternehmen und seiner Begeisterung bei der Lösung von Softwareproblemen, war für Ihn nur durch massive Zugeständnisse an die Freizeit vollziehbar. Das Gefühl keiner der Aufgaben vollständig gerecht zu werden, führte im Laufe der Zeit zu einer gewissen Unzufriedenheit. Paul Ramsey möchte sich in Zukunft wieder dem technischen Consulting verpflichten, bei dem er wieder das tun kann, was er am liebsten tut (und vor Refractions Research auch schon tat). Er bleibt dabei jedoch in lockerer Verbindung mit dem Team von Refractions Research.
"My current skill set dictates that initially my consulting will be implementations, architectures, and training: but my spare time will be spent diving into core development on PostGIS. Wish me luck."
Glück wünschen wir ihm auf jeden Fall und hoffen dass das PostGIS-Projekt durch diese Entscheidung in seiner zukünftigen Entwicklung in keiner Weise beeinträchtigt wird.
Wir bleiben auf jeden Fall am Ball und stellen Ihnen unser Know-how im Bereich Geodatenbanken jederzeit gerne zur Verfügung. Testen Sie uns!