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WebGIS: Navigationskarten für die WSV

© Zauberhut - Fotolia.com
Das Projekt
„Entwicklung, Implementierung und Produktivsetzung eines OGC-konformen Web Map Service für Inland ENC gemäß Inland ECDIS Standard und einer Komponente für die automatische Übernahme neuer IENCs in den WMS“ – so trocken-technisch lautete die vom Dienstleistungszentrum Informationstechnik (DLZ-IT) formulierte Projekt-Aufgabe, welches bei der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) angesiedelt ist.
Ziel des Projektes war es, einen Web Map Service (WMS) für Inland ENCs der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) bereit zu stellen. Dabei sollte ein möglichst aktueller Zugriff auf den im S-57-Austauschformat „000“ vorgehaltenen Datenpool realisiert werden. Des Weiteren waren bei der Erstellung des Dienstes die Visualisierungsvorschriften und Objektreports entsprechend Inland-ECDIS-Standard einzuhalten bzw. zu erzeugen. Der Zugriff der WSV sollte mit unterschiedlichen Clients möglich sein, z. B. ArcGIS. Zusätzlich gefordert war der Nachweis der Kompatibilität des Dienstes zu den WMS-Clients des Geoportal.Bund und der conterra SDI-Suite.

Das Projekt ist inzwischen in enger Zusammenarbeit mit dem Dienstleistungszentrum Informationstechnik (DLZ-IT) für die WSV umgesetzt. Der Kartendienst steht als freier WMS-Dienst zur Verfügung (siehe weiterführende Links unten).

Grundlagen
Doch was verbirgt sich hinter Kürzeln wie ENC/IENC und ECDIS und was war das Besondere an der Umsetzung dieses WebGIS-Kartendienstes, der die Basis für eine Fülle von Fachanwendungen sein kann?

Prinzipiell geht es um die Bereitstellung digitaler Navigationskarten für die Schifffahrt auf den Bundeswasserstraßen, also im Rahmen der Binnenschifffahrt. Und damit lassen sich auch die Kürzel ENC und IENC auflösen. Man hätte im Umfeld der Thematik "Deutsche Binnenschifffahrt" nicht unbedingt Anglizismen erwartet, aber zugrunde liegen tatsächlich internationale Normen.
Also: Es geht um Electronic Navigation Charts bzw. Inland Electronic Navigation Charts, also Elektronische Navigationskarten. Dabei stellen die IENC eine auf die besonderen Belange der Binnenschifffahrt angepasste Variante der ENC dar.

ECDIS-Anlage des Unternehmen Transas, Foto: Doclector/Wikipedia

Hinter dem Akronym ECDIS verbirgt sich der Begriff Electronic Chart Display and Information System also Elektronisches Karten-Anzeige und Informationssystem. Es kombiniert die Seekartendarstellung einer elektronischen Navigationskarte (ENC) und die Positionsangaben eines Satellitennavigationssystems sowie weiterer Sensoren wie Radar oder Echolot. Damit lassen sich die aktuelle Position des Schiffes und viele Zusatzdaten gleich in der Seekarte darstellen. Weitere Informationen zu ECDIS finden sich hier bei Wikipedia.

Eine besondere Herausforderung des Projektes stellte zum einen die Visualisierung der Daten nach dem strengen Inland ECDIS-Standard dar. Zum anderen war es die Entwicklung eines möglichst eleganten und einfachen Mechanismus, der sicher stellt, das grafische und attributive Anfragen auch immer den Stand der in kurzen Abständen aktualisierten und erweiterten IENC-Daten widerspiegeln.

Umsetzung
Bei allen eingesetzten Softwarekomponenten handelt es sich um Open-Source-Lizenzen. Zum Einsatz kamen (UMN-) MapServer 5.x, PROJ4 (Cartographic Projections Library), OGR (Simple Feature Library), Apache http-Server, sowie PHP als Skriptsprache. Alle Komponenten laufen auf einem SUSE Linux Enterprise Server (SLES).
Grundlage des Systems ist ein IENC-Datenpool der mit einem automatischen Synchronisationsmechanismus (rsync) aktuell gehalten wird. Zur flächendeckenden Darstellung der IENCs werden so genannte Vektorkataloge erzeugt, die zum einem als Datenreferenz für die Zusammenfassung der IENC-Zellen in einem gemeinsamen Layer und zum anderen als Blattschnittübersicht in kleineren Maßstäben fungieren.

Die Vektorkataloge werden in regelmäßigen Abständen automatisch erzeugt. Hierzu wurde ein Linux-Shell-Skript entwickelt, dass mittels eines OGR-Werkzeugs den aktuellen Datenbestand auswertet und Vektorkataloge in Form von ESRI-Shapefiles erzeugt. Die Ausführung des Skriptes wird automatisch über einen Cronjob gesteuert. Mapserver greift zur Bereitstellung des WMS-Dienstes direkt auf die erzeugten Vektorkataloge und damit auch auf den „000“-Datenpool zu und erzeugt hieraus die entsprechenden Kartenausgaben und Objektreports. Damit ist gewährleistet, dass per WMS der aktuelle Stand des Datenpools bereitgestellt wird.



Bei der Verarbeitung von Nutzeranfragen ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen Kartenanfragen (GetMap) und Attributanfragen (GetFeatureInfo).

Die Kartendarstellung ist komplett mit so genannten Map- und Symboldateien konfiguriert. In diesem Zusammenhang ist eine komplette Symbolbibliothek für die Inland-ECDIS-konforme Darstellung der S-57-Daten mit MapServer im Rahmen des Projekts entstanden.

Die Attributanfrage wird in Form von Objektreports ausgegeben, so dass hier ein PHP-Skript als Request-Dispatcher zwischengeschaltet wurde, der das Suchergebnis in Form eines Objektreports formatiert, Schlüsselwerte durch deutsche Klartextangaben ersetzt und die Einbindung der korrekten und detaillierten Schifffahrtszeichen vornimmt.
Die Auflösung von Schlüsselwerten auf Klartextangaben erfolgt in den S-57-Konfigurationsdateien der OGR-Bibliothek, die für den Zugriff auf die IENC-Daten genutzt wird. Diese Textdateien bilden alle Objekte und Attribute des Standards ab und wurden im Rahmen des Projektes um die IENC-Objekte erweitert und ins Deutsche Übersetzt.
Die vom System geforderte Performanz wurde problemlos erreicht und wird mit dem Werkzeug Apache JMeter überprüft.

Um die Spezifikation der Visualisierungsvorschriften zu erfüllen, wurden zudem Hilfsprogramme für die Erzeugung von Grafiksymbolen aus

© wsv.de
den ASCII-Symboldefinitionen gemäß S-52-Standard und zur Erstellung zusammengesetzter Symbole der Binnenschifffahrt (Schifffahrtszeichen inkl. Zusatztafeln) entwickelt. Die Visualisierung von Symbolen in der Mitte von Polygonen war in UMN-MapServer zwar vorgesehen, aber bis dato nicht implementiert. Dies ist nun durch die GDV geschehen, die sich dadurch mit einem kleinen aber feinen Eingriff bereits zum zweiten Mal im Quellcode des weltweit am meisten eingesetzten MapServers „verewigen“ konnte.

Nutzen und Ausblick
Der Dienst IENC-WMS wurde von der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) im Sinne der IMAGI-Musterbedingungen für Lieferungen und Leistungen im Geoinformationswesen als Grundversorgung eingestuft und steht darum kostenfrei zur Verfügung. Der Betrieb erfolgt durch das Dienstleistungszentrum Informationstechnik (DLZ-IT). Hierdurch soll die Einbindung und Nutzung in Geo-Portalen wie z.B. (GeoPortal.Bund, PortalU usw.) ermöglicht und gefördert werden. Die zugrundeliegenden Daten und der Dienst sollen zudem zukünftig in der Nationalen Geodatenbasis (NGDB) verankert werden.
Der Dienst ist auf dem WSV-GeoPortal in einen OGC-konformen Geodatenviewer eingebunden. Dadurch können die IENC-Daten nun an jedem der etwa 6.000 PC-Arbeitsplätze der WSV mit Netzwerkanschluss blattschnittfrei visualisiert werden. Dies erspart eine Vielzahl von IENC-Viewer-Lizenzen, die in der Folge wiederum keinen Administrations- und Datenaktualisierungsaufwand mehr erzeugen. Neben Lizenzkosten werden somit auch nennenswert IT-Verwaltungskosten eingespart.

Der Dienst wird im Rahmen folgender Anwendungen eingesetzt:

  • verschiedene interne GIS-Projekte
  • Liegenschaftsinformationssystem LIS
  • IT-gestützte Wasserstraßenüberwachung, Aufgaben und Genehmigungen in der WSV (WAaGe)
  • Havarieinformationssystem Duisburg

  • Die WSV plant zudem mittelfristig die Nutzung des Dienstes im Elektronischen Informationssystem für Binnenwasserstraßen - ELWIS, welches im Internet zur Verfügung steht. Auch eine Einbindung in der Schiffsunfalldatenbank und in verschiedenen Vermessungsprogrammen ist für die Zukunft bereits angedacht.


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